Kinderprophylaxe 

Ist Zahnreinigung für Kinder sinnvoll?

Die Professionelle Zahnreinigung bei Kindern ist wichtig: Vorsorgeuntersuchen, Ernährungsberatung und Fissurenversiegelung bei der Kinderprophylaxe.

Vorsorgeuntersuchung für Kinder beim Zahnarzt

Wie sinnvoll ist die Professionelle Zahnreinigung und ab wann ist sie es auch für Kinder? Die Stadt Berlin hat, um Eltern die Frühsorgeuntersuchungen im zahnmedizinischen Bereich näher zu bringen den BERLINER KINDERZAHNPASS eingeführt. Dieser gibt einen Terminplan für die ersten Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt vor.

  • UZ1        6.-8. Monat
  • UZ2        Mit 2 Jahren
  • UZ3        Mit 3 Jahren
  • UZ4        Mit 4 Jahren
  • UZ5        Mit 5 Jahren
  • UZ6        Mit 6 Jahren

Zusätzlich werden in Kitas und Grundschulen Kinder zahnärztlich untersucht. Diese Untersuchungen fallen in den Bereich der Gruppenprophylaxe im Vergleich zur Individualprophylaxe beim Zahnarzt. Fallen den dort untersuchenden Zahnärzten Auffälligkeiten, wie z. B. Karies oder Zahn- und Kieferfehlstellungen auf, bekommen die Eltern einen „gelben Zettel“ auf dem die Erziehungsberechtigten gebeten werden, das Kind beim Hauszahnarzt genauer untersuchen und behandeln zu lassen.

Programm der Kinderprophylaxe bis ca. 6 Jahre

Die Kinderprophylaxe ist sehr wichtig, um Kinder langsam und spielerisch an das gründliche Zähneputzen und die Verwendung von Zahnseide heranzuführen sowie Ernährungsfehler aufzudecken.

Im Alter von 6 bis 9 Monate sollten die Kinder das erste Mal den Zahnarzt besuchen. Durch den Kinderzahnpass (siehe oben) versucht beispielsweise die Stadt Berlin das Interesse der Eltern für den frühen Besuch beim Zahnarzt zu wecken. Meist brechen im Alter von 6 bis 9 Monaten die ersten unteren Schneidezähne durch. Im Alter von ca. 2,5 Jahren ist in der Regel das vollständige Milchgebiss durchgebrochen. Auch die Milchzähne müssen gepflegt werden, da sie eine wichtige Platzhalterfunktion für die bleibenden Zähne haben und maßgeblich an der Bildung der Kiefer beteiligt sind. Die Zahnarztbesuche haben nichts mit den Kontrollen zu tun, die man von einer Erwachsenenbehandlung gewöhnt ist. Spielerisch werden die Zähne gezählt oder mit einer intraoralen Kamera fotografiert, sowie die Mundhygiene kontrolliert bzw. die Zähne auf Karies untersucht. Morgens und abends sollten auf alle Fälle die Zähne geputzt werden und die Eltern müssen unbedingt die Zähne nachputzen, da Kinder noch nicht die manuelle Geschicklichkeit haben, um die Zahnpflege alleine gründlich durchführen zu können. Man geht davon aus, dass Kinder erst genügend manuelles Geschick für eine adäquate Zahnreinigung besitzen, wenn die Schreibschrift beherrscht wird. Dies ist meist im Grundschulalter der Fall.

Die Prophylaxe beim Zahnarzt in den ersten Lebensjahren kann als Frühuntersuchung bezeichnet werden und umfasst nicht nur die Kontrolle der Zähne, der Mundhygiene sowie der Kieferstellung, sondern auch eine Ernährungsberatung (siehe unten). Gerade „Schnullerkinder“ weisen häufig  Zahn- und Kieferdeformationen auf, die es schnellst möglichst zu behandeln gilt.

Ablauf der Kinderprophylaxe ab ca. 6 Jahren

Ab dem 6. Lebensjahr wird die individuelle Kinderzahnreinigung empfohlen. Der Mundhygienestatus wird kontrolliert. Es wird beurteilt, ob das Zahnfleisch (Gingiva) entzündungsfrei anliegt und ob die Zähne ordentlich geputzt sind. Meist werden zu diesem Zweck die Zähne angefärbt. Plaque leuchtet dann rosa oder lila im Mund und die kleinen Patienten können sehen, welche Zähne nicht ordentlich geputzt worden sind. Unter der Anleitung der Prophylaxeassistentin wird die anfärbte Plaque gemeinsam spielerisch wegputzt. Ein wichtiger Bestandteil der Kinderpophylaxe ist die Mundgesundheitsaufklärung. Folgende Fragen sollten mit den Eltern indivividuell erörtert werden:

  • Wie entsteht Karies?
  • Warum ist das Zahnfleisch entzündet?
  • Wie kann mein Kind die Mundhöhle besser pflegen?
  • Ernähre ich mein Kind richtig? In welchen Nahrungsmitteln versteckt sich Zucker?
  • Ist Fluorid für mein Kind sinnvoll?
  • Kann mein Kind seine Zähne und die Zahnzwischenräume wirklich schon alleine gut reinigen? Muss ich häufiger nachputzen?

Des Weiteren müssen die Zähne im Anschluss professionell von Plaque und Zahnstein befreit und abschließend poliert werden. Klassischerweise empfiehlt sich im Anschluss die Fluoridierung des gesamten Gebisses. Es ist zu betonen, dass die Fluoridierung aus naturheilkundlicher Sicht nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen negativ beurteilt wird.

Fluoridierung bei Kindern

Die Bedeutung von Fluorid im Sinne der Kariesprävention ist klar belegt (Splieth, Aktuelle Richtlinien für Fluoridanwendung zur Kariesprävention, 2011). Allerdings hat man von der Gabe von Fluoridtabletten (systemische Gabe) Abstand genommen (EADP, Guidelines on the use of fluoride in children: an EAPD policy document, 2009). Fluorid wirkt in erster Linie durch direkten Kontakt zur Zahnoberfläche schützend. Die negative Wirkung von Fluorid auf den Körper ist umstritten. Die Ärzteschaft ist gespalten. Eine Gruppe der Forscher sieht Fluorid im Körper in den zugelassenen Dosierungen als völlig unbedenklich, andere Forscher warnen vor fatalen Folgen bei einem Zuviel an Fluorid im Körper. Die Fluoridgegner warnen vor Nebenwirkungen wie vermehrter Osteoporose und sogar vor Intelligenzminderungen. Siehe auch Fluoride – Nachteile.

Kinder, die in naturheilkundlicher Behandlung sind, sollten von Fluorid Abstand nehmen. Homöopathen und Naturheilkundler warnen, dass die Ausbildung des Zahnschmelzes erst mit 8 Jahren beendet ist. Erst dann würde die Fluoridapplikation auf Zahnoberflächen mittels fluoridhaltigen Zahnpasten frühestens Sinn machen. Empfohlen werden Mittel, die dem Körper helfen, mehr Kalzium aufzunehmen und somit auch die Zähne stärken sollen. Zu nennen sind hier homöopathische Mischungen aus:

  • Calciumcarbonicum
  • Calcium phosphoricum
  • Calcium fluoricum

Abschließend bleiben folgende Fragen offen:

Warum ernähre ich mich schlecht, so dass Zähne demineralisiert und anfälliger für Karies werden? Warum ernähre ich mich nicht sinnvoll und kümmere mich nicht um meine Mundgesundheit, so dass die Prävention mit Fluorid gar nicht mehr notwendig ist? Warum brauche ich Reparaturmechanismen wie Füllungen, Inlays und Kronen an Stelle mit einer perfekten Mundgesundheit und ausgewogener Ernährung die natürliche Flora der Mundhöhle zu schützen sowie Karies und Parodontitis zu vermeiden?

Zucker in der Kinderernährung

Zucker hat eine schädigende Wirkung auf den ganzen Körper. Schon am Eingang zum Körper, in der Mundhöhle, richtet Zucker großen Schaden an. So ist das ständige Trinken von gesüßtem Tee, das in vielen Ländern gang und gebe ist, für Milchzähne äußerst schädlich. Komplett abgefaulte Zähne bei kleinen Kindern können die Folge von ständigem Nuckeln an Flaschen mit gesüßten Getränken sein. Dies wird als Nuckelflaschenkaries bzw. Nursing-Bottle-Syndrom bezeichnet. Die Zuckerimpulse und die damit einhergehende ständige Demineralisation können nicht mehr gepuffert werden. Milchzähne sind weniger stark mineralisiert als bleibende Zähne und sind deshalb gegenüber kariogenen Nahrungsmittel weniger widerstandsfähig als die bleibenden Zähne. Für eine ausgewogene Ernährung sollten  Getreide- und Vollkornprodukte genauso wie Obst und Gemüse auf dem Speiseplan stehen. Milch, Joghurt, Käse wie Fleisch und Fisch gehören ebenso zur Ernährung. Das Getränk der Wahl ist stilles Wasser oder ungesüßter Tee. An dieser Stelle soll nochmal deutlich darauf hingewiesen werden, dass Kindertee oft auch Zucker enthält.

Wichtig ist für alle Eltern zu wissen: es kommt nicht unbedingt auf die Menge von Zucker an als vielmehr auf die Zuckerimpulse. Dies bedeutet, wenn ein Kind ein Stück Kuchen isst, ist das kein Problem. Wenn ein Kind allerdings über eine halbe Stunde hinweg ständig einen Schluck Cola zu sich nimmt, wird der pH Wert bei jedem Schluck erneut aus dem Gleichgewicht gebracht und die Demineralisation der Zähne schreitet voran. Dies bedeutet, die Zähne werden anfälliger für Karies. Nicht zu unterschätzen ist die Demineralisation der Zähne durch Säureangriffe. Fruchtsäfte werden in ihrer „sauren Wirkung“ oft deutlich unterschätzt. Viele Eltern meinen ihren Kindern mit einer zusätzlichen flüssigen Vitaminbombe etwas gutes zu tun. Fruchtsäfte enthalten jedoch den für die Frucht typischen Anteil an Fructose. Zusätzlich zeichnen sich Früchte immer durch das Beinhalten von Säure aus. Direktsäfte und Säfte aus Korrektur dürfen 15 g/l Zuckerzusatz enthalten, ohne, dass dies auf der Packung ausgewiesen sein muss. Wenn der Verbraucher auf der Packung „gezuckert“ oder mit „Zuckerzusatz“ liest, bedeutet dies, dass bis zu 150 g/l Zucker dem „Saft“ hinzugefügt werden dürfen. Bei Fruchtnektaren fällt die Bilanz noch schlechter aus. Der Fruchtanteil muss nur bei 6% bis 50% liegen. Wir empfehlen daher Fruchtsäfte selbst zu pressen oder Biosäfte ohne Zuckerzusätze in Bio Supermärkten oder Reformhäusern einzukaufen. Ein ähnlicher Ernährungsirrtum gilt für Honig, zumindest von einem zahnmedizinischen Standpunkt aus betrachtet. Zu 75 – 80% besteht Honig aus niedermolekularen Kohlenhydraten wie Fructose, Glucose, Maltose, und Saccharose. Durch seine klebrige Konsistenz haftet Honig besonders lange auf der Zahnoberfläche und ist somit besonders kariogen. Da das sporenbildende Bakterium Clostridium botulinum im Honig enthalten sein kann, ist Honig auch aus humanmedizinischer Sicht als Nahrungsmittel für Kinder unter 12 Monaten ungeeignet.

Fissurenversiegelung bei Kindern und Jugendlichen

Gleich nach dem Durchbruch der Backenzähne (Molaren) ist das Risiko, dass ein Zahn an Fissurenkaries erkrankt am höchsten. Die Eruption (das Durchbrechen) des 1. Molaren erfolgt mit ca. 6 Jahren, daher wird dieser Zahn auch als 6-Jahres-Molar bezeichnet. Im Rahme der individuellen Kinderprophylaxe werden zerklüftete Fissuren versiegelt. Fissuren sind die tiefen Furchen, die ein Zahn zwischen den Höckern hat. Hier bleiben gerne Nahrungsreste, also Kohlenhydrate hängen. Da sich Fissuren häufig in der Tiefe ampullenförmig öffnen sind sie sehr schwer zu putzen und das Risiko der Kariesentstehung ist deutlich erhöht. Aus diesem Grund hat auch die gesetzliche Krankenkasse wie z. B. die TK oder AOK die Fissurenversiegelung in ihren Leistungskatalog aufgenommen. Gleich nach dem Durchbruch der bleibenden Backenzähne wird empfohlen, die Fissuren mit einem Kunststoff zu versiegeln, so dass keine Kohlenhydrate mehr in den tiefen Furchen hängen bleiben können. Das A und O dieser kariespräventiven Behandlung ist, dass eine Fissurenversiegelung dicht ist und relativ rasch, nach dem der Zahn komplett in die Mundhöhle durchgebrochen ist, gelegt wird. Allerdings müssen nicht alle Zähne versiegelt werden. Je schlechter ein Kind putzt, desto wichtiger ist die Fissurenversiegelung. Bei optimaler Mundhygiene kann auf die Versiegelung verzichtet werden. Wichtig ist, dass die Versiegelungen regelmäßig kontrolliert werden. Da Fissurenversiegelungen sehr grazil gestaltet sind, können sie herausfallen. Ist eine Versiegelung nicht mehr dicht, kann sich unter der Versiegelung Karies bilden. Für die Versiegelung kommen in erster Linie lichthärtende Kunststoffe zum Einsatz. Hat sich bereits eine Demineralisation in einer Fissur gebildet, wird diese weggebohrt. Die nun schmelzbegrenzte Kavität (Loch), wird mit Kunststoff aufgefüllt. Man spricht von einer erweiterten Fissurenversiegelung. Auch der Laser findet Anwendung um Fissuren vor der Versiegelung zu „säubern“.

Kinderbücher über Karies

Kinderbücher haben sich zum Heranführen der Kleinen an den Zahnarzt und den Sinn einer Mundhygiene sehr bewahrheitet. Eines aus meiner Sicht sogar für Erwachsene bezauberndes Bilderbuch, das spielerisch mit der Entstehung von Karies umgeht ist: Neues aus der Milchzahnstrasse von Anna Russelmann.

Was kostet eine Zahnreinigung bei Kindern?

Die Zahnreinigung bei Kindern und Jugendlichen von 6 bis 17 Jahren wird im Rahmen der IP Leistungen (IP1, IP2, IP4 und IP5) von den gesetzlichen Krankenkassen wie der AOK oder TK (Techniker Krankenkasse) übernommen. IP1 bedeutet die Aufnahme des Mundhygienestatus. Hinter der IP2 Bezeichnung verbirgt sich die Mundgesundheitsaufklärung bei Kindern und Jugendlichen. IP4 bezeichnet die Fluoridierung der Zähne. Die Versiegelung von kariesfreien Fissuren und Grübchen der bleibenden Molaren (Zähne 6 und 7) mit aushärtendem Kunststoff wird durch die Gebührenordnung IP 5 beschrieben. Das Fluoridieren (IP 4) der Zähne umfasst auch das Entfernen der weichen Zahnbeläge. Diese IP 4 Leistung kann einmal pro Kalenderhalbjahr abgerechnet werden. Bei sehr hohem Risiko bezahlt die gesetzliche Krankenkasse das Entfernen von weichen Belägen und das Fluoridieren der Zähne eventuell sogar viermal pro Jahr.